Kritik zu "Vertigo"

Hitchcocks Vertigo - Aus dem Reich der Toten

Madeleine oder Judy oder Beides?

Der Begriff „Vertigo“  ist der medizinische Fachausdruck für Schwindel. Und genau dieser spielt die Hauptrolle in Alfred Hitchcocks Meisterwerk Vertigo aus dem Jahre 1958.

Der Begriff „Vertigo“  ist der medizinische Fachausdruck für Schwindel. Und genau dieser Schwindel ist der Schlüssel in Alfred Hitchcocks Meisterwerk Vertigo aus dem Jahre 1958. Der Polizist John „Scottie“ Ferguson( James Stewart)  befindet sich auf einer wilden Verfolgungsjagt über den Dächern von San Francisco, rutscht bei einem Sprung zwischen den Häusern ab und kann sich nur noch an der Regenrinne festhalten. Bei dem Versuch ihm zu helfen stürzt sein Kollege in den Tod. Scottie beendet daraufhin seinen Polizeidienst, da ihm Höhenangst diagnostiziert wird. Seine langjährige Freundin Midge (Barbara Bel Geddes) versucht ihm durch diese schwierige Phase seines Lebens zu helfen, was ihr aber nicht gelingt. Als sein ehemaliger Bekannter Gavin Elster (Tom Helmore) sich bei ihm meldet und ihn um Hilfe bittet nimmt Scottie das Angebot an.  Elster erklärt dem ehemaligen Polizisten, dass er jemanden bräuchte, der seine Frau Madeleine (Kim Novak) beschattet, da diese von einer Toten besessen sei. Wie sich in Scotties Ermittlungen herausstellt handelt es sich bei der Toten um Carlotta Valdes, die Urgroßmutter von Madeleine, die nach der Trennung von ihrem Freund verrückt wurde und sich schließlich umbrachte. Elsters Ehefrau besucht häufig Orte an denen Carlotta früher gewesen ist, trägt ihr Haar wie sie und begeht schließlich sogar einen Selbstmordversuch. Doch der Protagonist kann sie retten und kommt somit das erste Mal aktiv mit ihr in Kontakt. Die beiden kommen sich näher und verlieben sich sogar ineinander, bis sie zusammen zu einer alten spanischen Mission fährt, die Madeleine aus ihrem Träumen kennt und sich dort von einem Kirchturm stürzt.  Scottie kann ihr aufgrund seiner Höhenangst nicht bis an die Spitze des Turmes folgen, um sie von seiner Tat abzuhalten. Durch diesen Selbstmord wird Scottie depressiv und in eine Nervenklinik eingewiesen.
Als er aus dieser Klinik entlassen wird, streift er durch die Stadt auf der Suche nach einer Frau, die ihn an Madeleine erinnert. Irgendwann findet er eine junge Frau namens Judy (ebenfalls Kim Novak). Wie der Zuschauer durch einen Brief erfährt, den Judy dem Protagonisten schreibt, handelt es sich bei ihr und Madeleine um dieselbe Person, denn sie war Teil einer Intrige des Ehemanns Gavin Elster um seine Frau umzubringen und Scottie als Zeugen zu missbrauchen. Elster wusste von der Höhenangst des ehemaligen Polizisten und nutze diese schamlos aus. Doch Scottie weiß vorerst nichts von all dem, da Judy den Brief an ihn zerreißt und sich von ihm immer mehr zu einem Ebenbild von Madeleine machen lässt. Irgendwann trägt sie zu einem Essen mit ihrem Liebsten ein Schmuckstück, das Scottie vom Gemälde der Carlotta Valdes kennt. Zunächst lässt er sich das jedoch nicht anmerken und der Zuschauer stellt sich die Frage, wie er nun mit Judy verfahren wird, als sie bei anbrechender Nacht aus der Stadt heraus fahren.

In dieser Version von Vertigo geschieht Gavin Elster, dem Mörder seiner Frau nichts, doch das trifft keinesfalls auf alle Versionen des Filmes zu, denn in einigen Ländern schrieb die Zensurbehörde vor, dass der Böse im Film bestraft werden muss, damit der Film dort freigegeben wird. Aus diesem Grund drehte Hitchcock eine alternative Schlussszene, in dieser wird Midge gezeigte, die im Radio hört, dass die Polizei eine Spur des Mörders in Europa aufgenommen hat und die Chancen für eine Auslieferung gut stehen. Dann kommt Scottie sie besuchen und sie schaltet das Radio aus, sodass beide mit einem Drink auf das nächtliche San Francisco schauen.

Der Vertigo-Effekt

Ein zentrales Thema ist die Höhenangst und der Schwindel, denn der Protagonist ab einer gewissen Höhe empfindet. Dieser Schwindel wird in der Medizin als „Vertigo“ bezeichnet und Hitchcock stellt die Höhe auf dem Dach oder im Glockenturm der spanischen Missionarssiedlung durch den sogenannten Vertigo-Effekt dar.  Die optische Illusion des Schwindels wird dadurch erzeugt, dass die perspektivische Tiefe gestreckt wird. Das passiert dadurch, dass sich die Kamera auf ein Objekt zubewegt, gleichzeitig aber bis zu einer Weitwinkeleinstellung rausgezoomt wird.  Des Weiteren verwendet Hitchcock verschiedene Filter und deren farbverändernde Wirkung in seinem Film. Als Madeleine den Friedhof aufsucht, erscheint das Bild durch einen Filter leicht grünlich, wie auch das Bild bei einer späteren Szene in Judys Hotelzimmer, sodass der Zuschauer durch diese Farbfilter unterbewusst eine Verbindung zwischen den beiden Frauen sieht, aber auch dem Friedhof sieht. Außerdem verwendet er die Farbe Grün auch bei einigen Gegenständen, die den Frauen gehören, so zum Beispiel Madeleines Auto oder Judys Kleid, als Scottie sie kennenlernt. So weist Hitchcock schon vor Ende des Films immer wieder geschickt unterschwellig auf die Verbindung der beiden Frauen hin.

Ein Muss für alle Hitchcock-Fans


Bis heute gilt Vertigo als eines von Hitchcocks Meisterwerken und das zu Recht, denn der Film schafft es den Zuschauer, durch die Wahl der Schauspieler und Hitchcocks Geschick, zu fesseln. Die Geschichte ist jedoch sehr detailreich erzählt, was zu einer Länge von 128 Minuten führt.  Eine solche Länge ist ein Hitchcock-Fan jedoch von seinen Filmen wie Der unsichtbare Dritte (1959) oder Das Fenster zum Hof (1954) gewöhnt und Vertigo ist für jemanden der Gefallen an Hitchcocks Werken gefunden und ein Auge für seine feinen Details hat, eindeutig zu empfehlen. Wem jedoch mehr die heutigen Filme mit den modernsten technischen Effekten gefallen und der in einem 90 Minuten Blockbuster möglichst viel Aktion sehen will, für den ist Vertigo nicht unbedingt das Richtige.

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